Keine Kirmes, kein Volksfest kommt ohne aus: Die Rede ist vom Schweinenackensteak. Gerne mit Krautsalat im Brötchen und vom riesigen Schwenkgrill. Nicht selten ist das Ganze dann eine Herausforderung für Zähne und Kaumuskulatur. Das allerdings hat unter anderem mit der Fleischqualität zu tun, denn eigentlich ist Nacken ein recht fettreiches Stück mit mäßig viel Bindegewebe. Das macht es für viele Zubereitungsarten attraktiv, unter anderem eben auch zum Kurzbraten beziehungsweise Kurzgrillen.
Der Nacken liegt bei Schweinen (und Rindern ebenso) logischerweise dort, wo er auch beim Menschen zu finden ist. Unterhalb des Kopfes als Übergang zum Brustkorb. An den Nacken schließt sich also die Hochrippe an, das Entrecote. Schon das ist ja durchwachsen, aber der Nacken ist es noch viel mehr, weil er aus mehreren Muskelsträngen besteht. Immerhin ist für das Bewegen des Kopfes zuständig.
Einer dieser Muskeln ist das Presa bzw. der Money Muscle. Während der jedoch ungefähr der Länge nach ausgelöst wird, werden die klassischen Nackensteaks quer zum Muskelverlauf geschnitten. Das bedeutet, dass Du ein sehr aromatisches Stück mit einer gewissen Zartheit bekommst. Allerdings nicht unbedingt bei dem wässrigen Fleisch aus Massentierhaltung. Es wird relativ schnell hart und trocken, während das Fett sehr fest bleibt. Da sind wieder bei dem Schwenkgrill auf der Kirmes.
Ein Nackensteak vom Iberico, Wollschwein oder Bunten Bentheimer ist dagegen aromatisch ein kleiner Traum. Fairerweise muss man sagen, dass bei dem Kirmessteak noch erschwerend hinzukommt, dass es praktisch die ganze Zeit auf dem Grill warmgehalten wird. Je länger es dort liegt, desto trockener und bissfester wird es – abseits eines Sous Vide-Bades lassen sich Steaks nun einmal nicht gut warm vorhalten.
Ein Nackensteak zu grillen, ist kein Hexenwerk. Und wahrscheinlich hast Du das in Deinem Leben auch schon ein paar Mal gemacht. Hier musst Du eigentlich nur wie bei vielen sehr fetthaltigen Stücken darauf achten, Fettbrand zu vermeiden. Und natürlich solltest Du das Fleisch nicht totgrillen. Auch Schweinefleisch darf im Kern noch leicht rosa sein, wobei der Nacken anders als ein Schweinerücken auch verzeiht, wenn Du ihn komplett durchgarst. Trotzdem gehört er bei 65° C vom Rost genommen. Die 72° C Kerntemperatur, die viele Grillbücher bei Schweinefleisch als Kerntemperatur nennen, beziehen sich auf ganze Braten, nicht aber auf Kurzbratstücke.
Und noch etwas: Gutes Schweinefleisch benötigt dabei auch keine rote oder grüne Marinade, in der es vorm Grillen ertränkt wurde. Die überdeckt im Zweifelsfall den Eigengeschmack und sorgt für eine Bitternote, wenn die enthaltenen Gewürze auf dem Grill verbrennen. Zudem ist eine ölige Marinade erst recht ein Garant für Fettbrand und die Bildung von ungesunden Kohlenwasserstoffverbindungen. Leider ist aber genau diese Art von Grillfleisch ein extrem beliebter Artikel im Discout-Bereich, weshalb in den Augen vieler ambitionierter Griller das Schweinenackensteak per se einen schlechten Ruf genießt.
Natürlich kannst Du den Nacken, der je nach Region aus Hals oder Kamm heißt, auch als Ganzes grillen. Als Nackenbraten mit einem Kräuterrub zum Beispiel, in Österreich auch als Schopfbraten bekannt. In der italienischen Region Latium lässt man gewürzten Nacken lufttrocknen; Du hast den Namen des Endproduktes womöglich schon mal gehört: Guanciale. Guanciale gehört traditionell in eine echte Carbonara.
Die gepökelte und kurz heiß geräucherte Variante des Nackens wiederum hört auf den Namen Kassler. Oder Kassler Nacken, um genau zu sein, denn Kassler wird auch noch aus dem Kotelett-Strang gemacht (Kassler Stiel) und aus dem Rücken (Kassler Lachs).
Und wenn wir schon beim Thema Räuchern sind, dann ist Smoken auch nicht mehr weit. Mit einem klassischen BBQ-Rub wie Magic Dust beziehungsweise Butt Rub und viel Zeit wird bei Temperaturen zwischen 100° und 120°C Nacken zu Pulled Pork, wenn Du die Kerntemperatur des Fleisches bis auf etwa 93° C ziehst.
Bei diesem langsamen Garvorgang wandelt sich allmählich das gesamte Bindegewebe (Kollagen) in Gelatine um, die Muskelstränge zerfallen. Für Pulled Pork solltest Du allerdings auf das perfekte Gewicht des Stücks achten. Zu kleine Nacken werden schnell trocken, zu große brauchen ewig, zumal der BBQ-Klassiker so schon eine langwierige Angelegenheit ist. Ein Gewicht von 2,4 bis 2,6 Kilogramm ist optimal.
Der Schweinenacken ist ein extrem vielseitiges Stück. Allerdings ist er in guter Qualität ziemlich weit weg von den Kilopreisen bei den Discountern, die ja bei Angebotsware oft keine fünf Euro aufrufen. Nacken von alten Landschwein-Rassen, vom Duro oder Iberico bewegt sich irgendwo zwischen 20 und 30 Euro pro Kilo. Das ist dann aber auch eine komplett andere Liga als das Kirmesbrötchen. Es gibt unzählige Rezepte mit Schweinenacken. Ein paar der bekanntesten Rezepte stellen wir Dir hier vor.
Aber auch leichtere oder schwerere Stücke lassen sich wunderbar auf dem Grill oder im Dutch Oven verarbeiten. Zum Beispiel zu Schichtfleisch. Auch hier solltest Du aber auf eine gewisse Fleischqualität achten, damit am Ende nicht zu viel Flüssigkeit im Topf ist und Du quasi Kochfleisch hast.
In Scheiben geschnitten und aufgespießt, eignet sich Nacken zudem wunderbar für Gyros oder gewürfelt für Schaschlik. Das kannst Du dann entweder als Schmorgericht im Dutch Oven zubereiten oder aber abwechselnd mit Zwiebeln aufgespießt, direkt grillen. Hier gibt es übrigens einen in Osteuropa sehr verbreiteten Trick, um das Fleisch besonders zart zu machen. Die Würfel werden zusammen mit vielen Zwiebeln einen oder zwei Tage in Mineralwasser eingelegt. Der Effekt ist ein wenig dem vergleichbar, der in den USA mit Natron als Zartmacher erzielt wird.
Es geht aber noch kleiner, denn in der Kombination mit Schweinebauch lässt sich Nacken sehr gut für selbst gemachte Bratwurst verwenden. Bei sehr fetten Nacken kannst Du eventuell sogar ganz auf den Bauch verzichten und sozusagen eine Nackenbratwurst herstellen.
Vielerorts werden Nackensteaks fertig mariniert angeboten. Doch eine leckere Marinade kannst Du auch ganz einfach selbst machen. Und hier kannst Du nach Lust und Laune variieren.
Grillen und Fleisch gehört unbedingt zusammen. Ob Rindfleisch, Schweinefleisch, Wild oder Geflügel – so ziemlich jedes Fleisch lässt sich auf dem Grill hervorragend zubereiten.