Bei Tafelspitz kommt einem nicht selten erst einmal die österreichische Küche in den Sinn. Und dann auch eine Zubereitung, die mit BBQ eher wenig zu tun hat. Denn der Tafelspitz als Gericht meint in Brühe gekochtes Rindfleisch. Allerdings bietet der Tafelspitz als Teilstück des Rindes Potenzial für den Grill.
Der Tafelspitz, manchmal auch Rosenspitz oder Hüftdeckel genannt, schließt an die Hüfte an und bildet den Übergang zum Schwanz. Das Stück liegt direkt unter der Haut, weshalb es einen Fettdeckel besitzt. Das ist eines von zwei charakteristischen Merkmalen dieses Cuts.
Das zweite ist seine dreieckige Form, weshalb Du ihn theoretisch auch mit dem Bürgermeisterstück (Tri-Tip) verwechseln kannst. Allerdings ist der Tafelspitz normalerweise etwas größer. Zudem ist die Faserstruktur deutlicher zu erkennen.
Der Name Tafelspitz rührt wahrscheinlich von dem Umstand, dass am österreichischen Kaiserhof die undankbarsten Plätze an der Spitze der Festtafel lagen, weil man dort immer als Letzter bedient wurde. Zudem war das gekochte Stück Fleisch damals auch nicht besonders edel. Es gab also billiges Fleisch auf billigen Plätzen. Das ist heutzutage anders, zumal der Cut auch als Grillfleisch im weiteren Sinne seine Berechtigung hat.
Der Tafelspitz lässt eine ganze Reihe von Zubereitungen zu. Die schlechteste ist, ihn zu Steaks aufzuschneiden und diese direkt zu grillen. Das ist zwar sehr reizvoll, weil der Cut in der Regel kräftig marmoriert ist. Aber lange Fasern und kräftiges Bindegewebe sorgen dafür, dass alles, was jenseits des Gargrades „rare“ oder zumindest „medium rare“ liegt, eigentlich nicht mehr kaubar ist. Und wenn überhaupt, funktionieren solche Steaks dann auch nur bei erstklassiger Fleischqualität, was auch eine sehr gute Reifung beinhaltet.
Wenn Du also den Tafelspitz auf direkter Hitze zubereiten möchtest, braucht es andere Lösungen. Eine davon kommt aus Brasilien und heißt Picanha. Es ist ein Churrasco-Gericht, wird also auf dem Spieß über Feuer zubereitet. Das Fleisch ist eben Tafelspitz, in etwa zwei bis drei Zentimeter dicke Scheiben geschnitten. Die Stücke werden dann der Länge nach aufgespießt und mit dem Fettrand nach unten langsam gegrillt. Das macht zwar immer noch kein zartes Filet aus dem Fleisch, sorgt aber dafür, dass es sich gut essen lässt.
Da als Gewürz traditionell nur grobes Salz zum Einsatz kommt, schmeckst Du am Ende ein intensives Rindfleischaroma. Auch hier vorausgesetzt, dass das Fleisch eine entsprechende Qualität hat. Ganz wichtig: Picanha funktioniert nur mit dem Fettdeckel und bei vernünftig gereiftem Fleisch.
Tafelspitz eignet sich aber auch hervorragend, um daraus Hackfleisch für Burger zu wolfen. Das Schöne ist, dass du hier den Fettanteil sehr gut selber steuern kannst, in dem Du mehr oder weniger viel des Fettdeckels mit durch den Wolf drehst. Das, was an Fett übrigbleibt, kannst du auslassen und zum Frittieren der begleitenden Pommes verwenden. Das werden zugegeben nicht ganz preisgünstige Burger, aber dafür sehr leckere. Zwischen 20 und 30 Euro pro Kilogramm kannst du bei vernünftiger Fleischqualität kalkulieren.
Eine weitere gute Zubereitungsoption ist übrigens der Dutch Oven, in dem Du einen Tafelspitz einfach als klassischen Rinderbraten schmoren kannst. Hier solltest Du aber das Fett bis auf einen geringen Anteil herunterparieren.
Neben dem Brisket ist der Tafelspitz ein sehr gerne genommenes Stück für Pastrami. Durch das Pökeln wird das Fleisch dabei nicht nur haltbarer, sondern auch mürbe. Wenn Du dann nach dem Garen im Rauch das Fleisch anschneidest oder aber sogar noch eine Weile reifen lässt, dann ist der ausgemachte Biss, den der Cut in Form von Steaks schnell hätte, nahezu völlig weg. Pastrami funktioniert mit und ohne Fettdeckel, wobei die Variante mit Fettdeckel geschmackvoller wird. Wichtig ist aber, dass das Fleisch auf jeden Fall gut marmoriert ist. Jungbulle oder Kalb ist da nicht unbedingt die erste Wahl. Überhaupt ist der Kalbstafelspitz eher die Grundlage für das österreichische Kochgericht als für Zubereitung am Spieß. Es ist zwar insgesamt zarter, aber in Textur und Haptik eben auch weniger ausgereift sowie weniger marmoriert als der gleiche Cut von einer 30 Monate alten Färse.
Bleibt also festzuhalten, dass ein Tafelspitz am Grill funktioniert, aber sicher immer mehr Aufwand bedeutet als etwa ein Rib-Eye. Trotzdem lohnt sich die Mühe, weil der Geschmack einfach toll ist. Das übrigens merkst Du am stärksten, wenn Du aus dem Cut medium rare oder medium gegrillte Burger beziehungsweise Picanha machst.
Grillen und Fleisch gehört unbedingt zusammen. Ob Rindfleisch, Schweinefleisch, Wild oder Geflügel – so ziemlich jedes Fleisch lässt sich auf dem Grill hervorragend zubereiten.