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Grillratgeber

Nachhaltig grillen (3):
Das Fleisch

Hochwertiges Fleisch finden und Konsum reduzieren

Müssen wir auf saftige Steaks, leckere Spareribs, Würstchen und rauchiges Pulled Pork verzichten? Die gute Nachricht ist: Nein, müssen wir nicht. Dafür lieben wir Fleisch und alles, was man daraus zaubern kann, viel zu sehr. Niemand sollte ein schlechtes Gewissen haben, wenn er es sich nicht vorstellen kann vegetarisch oder vegan zu leben. Das ist nicht jedermanns Sache. Und es soll sich auch kein Grillliebhaber genötigt fühlen, die gesamte Fleischproduktionskette zu durchleuchten. Das fällt wegen mangelnder Transparenz selbst Experten schwer. Ein ABER gibt es trotzdem: Wir kaufen immer noch zu viel und zu billiges Fleisch. Der Konsum der Deutschen geht laut Fleischatlas zwar seit 2011 zurück, was durchaus erfreulich ist, aber wir gehören bis heute zu den gierigsten Fleischessern der Welt. 2011 lag der Fleischkonsum pro Kopf bei 63 Kilogramm pro Jahr, inzwischen wurde die 60-Kilomarke unterschritten. Leider kein weltbewegender Fortschritt. Da der ökologische Fußabdruck der Fleischproduktion so groß ist wie bei keinem anderen Lebensmittel, sind die Auswirkungen des übermäßigen Konsums verheerend:

  • Im Vergleich zum Ölkonzern Exxon, einem der zehn größten Unternehmen weltweit, stoßen die derzeit fünf größten Fleisch- und Milchkonzerne der Welt mehr klimaschädliche Gase aus.
  • Es werden enorme Wassermengen benötigt. Allein 15.000 Liter erfordert die Produktion für ein Kilogramm Rindfleisch. Ein unvorstellbares Missverhältnis.
  • Das Grundwasser wird durch diverse Chemikalien verschmutzt.
  • Die Ausweitung der Weideflächen beschleunigt die Entwaldung. Wertvolle Lebensräume für Wildtiere und Pflanzen gehen verloren, zahlreiche Arten sterben aus.
  • Fruchtbares Land wird für Futterpflanzen verwendet, statt für den Anbau von Lebensmitteln, um die Hungersnot in der Dritten Welt zu bekämpfen.
  • Die Tierhaltung im Rahmen der konventionellen Fleischproduktion ist qualvoll. Das Leid für Kühe, Schweine, Hühner, Puten und viele andere Spezies ist immens und nicht tragbar.

 

Unsere Landwirtschaft hat ihre Grenzen längst erreicht und das dürfen wir nicht unterschätzen. Die genannten Fakten sind nur ein kleiner Auszug der Vielzahl an Umweltschäden. Die Lösung des Übels ist denkbar simpel, aber dennoch eine Herausforderung: Eine drastische Reduzierung des Fleischkonsums würde den Bedarf an Tieren senken und damit die Auswirkungen auf das Ökosystem. Im Fleischatlas 2018 raten Experten zur Reduzierung des jährlichen Fleischverzehrs auf 30 Kilogramm, was knapp 580 Gramm pro Woche entspricht. Ob das zu schaffen ist, wird sich zeigen. Möglich wäre es problemlos, wenn sich jeder von uns beteiligt. Was Du konkret tun kannst? Einige Optionen im Überblick:

  • Wissen ist Macht. Informier Dich über lokal ansässige Landwirtschaftsbetriebe sowie Metzgereien, ihre Qualitätsstandards, Tierhaltung und Schlachtungsbedingungen! Bedenk, dass Tierwohl maßgeblich von der Preispolitik abhängt!
  • Bevorzuge Fleisch von Landwirten, die ihr Vieh anständig behandeln! Warum nicht einfach mal zum Bauernhof in der Heimat fahren und vor Ort überzeugen? Wer nichts zu verbergen hat, wird damit kein Problem haben. Und wenn Dir gefällt, was Du siehst, kannst Du die Erzeugnisse womöglich direkt im Hofladen kaufen. Natürlich ist das nicht immer und überall drin. Allzu viele Höfe mit derartiger Idylle sind leider nicht mehr übrig. Wer jedoch die Chance hat, sollte sie nutzen.
  • Das eine artgerechte Haltung mit gutem Futter, kurze Transportwege und eine Schlachtung mit möglichst wenig Stress für die Tiere Voraussetzung für qualitativ hochwertiges Fleisch sind, sollte nachvollziehbar sein. Vertrauenswürdige Siegel, die das bestätigen, sind leider rar, weshalb Du kritisch hinterfragen musst. Namhafte Zertifikate helfen ökologisches von konventionellem Fleisch zu unterscheiden. Zertifiziertes Bio-Geflügel erkennst Du zum Beispiel an Labeln von Demeter, Naturland, Neuland und Bioland. Diese Verbände machen sich für verantwortungsvolle Tierhaltung unter artgerechten Bedingungen stark. Käfighaltung ist verboten, die Medikamentenzugabe streng limitiert, Auslauf vorgeschrieben. Um nur wenige Faktoren zu nennen. Weitere Informationen in unserer Rubrik Geflügel grillen. Am Beispiel Ulmer Land in unserer Kategorie Metzgereien sowie der Abteilung Grillfleisch erfährst Du weitere Tipps, welche die Kaufentscheidung erleichtern.
  • Du musst nicht auf Genuss verzichten, aber ein bisschen weniger, hat noch niemandem geschadet. Im Gegenteil: Zu viel Fleisch kann sogar gesundheitsschädigend sein. Von einer täglichen Ration solltest Du Abstand nehmen. Eine Reduzierung auf maximal 450 Gramm pro Woche fördert eine ausgewogene Ernährung und trägt aktiv zum Klimaschutz bei. Mehr als 600 Gramm sollten es laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung e.V. bei Erwachsenen mit hohem Kalorienbedarf nicht sein. Personen mit geringem Kalorienbedarf wird ein wöchentliches Maximum von 300 Gramm Fleisch und Wurst empfohlen. Traurige Wahrheit aktuell: Der durchschnittliche Bundesbürger verputzt rund ein Kilo.
  • Meide Billigfleisch, das vollgestopft ist mit Medikamenten, Wachstumshormonen und sonstigem Mist!
  • In der modernen Lebensmittelindustrie wird leider viel entsorgt, weil es der Konsument verschmäht. Bei Schwein, Rind, Geflügel und Co. ist das nicht anders. Was früher als Delikatesse auf dem Teller landete, endet heute auf dem Müll. Schade, aber so sieht es aus. Wir sind verwöhnt. Würde das ganze Schlachtvieh verwendet werden und nicht nur die besten Teilstücke, wie Filet oder Roastbeef, wäre der Nachhaltigkeit geholfen. Speckschwarten zum Einfetten der Grillpfanne, Zunge als Aufschnitt oder Saum- und Kronfleisch als Gulasch aus dem Dutch Oven: Frag den Metzger Deines Vertrauens nach seinen Empfehlungen!
  • Regional, ist nicht automatisch mit nachhaltig gleichzusetzen. Das haben wir in unserer Kolumne „Tranchiert: regional, scheißegal“ sowie „Die Krux mit der Herkunft“ ausführlich thematisiert. Lass Dich von hübsch klingenden Werbesprechen, leuchtenden Aufklebern und angeblichen Qualitätssiegeln nicht blenden! Vieles liest sich toll, ist in Hinblick auf eine langfristige Veränderung Richtung Tier- und Klimaschutz aber wertlos. Regionalität ist ein dehnbarer Begriff und ein Dauerbrenner der Werbung. Sei nicht naiv, mach Dich schlau!

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